Einfache Programmüberprüfungsverfahren für Produktmanager

In meinem ersten Fachartikel widme ich mich den sogenannten „Programmüberprüfungsverfahren“. Die hier vorgestellten (einfachen) Verfahren basieren auf den Verfahren des Konsumgütermarketing. Für Systemanbieter bestehen eine Vielzahl von Erweiterungen dieser Verfahren. Meine Intention für diesen Beitrag ist es, einen einfachen und praxisorientierten Überblick zu liefern. Ich wünsche Ihnen viel Spaß beim Lesen.

Im Einzelnen zeigen ich Ihnen folgende Verfahren in der Grundausprägung:

  • Lebenszyklus- Analyse
  • Portfolio- Analyse
  • SWOT- Analyse
  • Struktur- Analyse
  • Umfeld- Analyse
  • Abweichungs- Analyse
  • Ressourcen- Analyse
  • Potenzial- Analyse
  • Positionierungs- Analyse

Lebenszyklus- Analyse

Eigene Abbildung: Phasenmodell Lebenszyklus

Die Lebenszyklus- Analyse kann Branchen, Märkte, Geschäftseinheiten und Produkt- oder Programmmärkte hinsichtlich der Ergebnisentwicklung in Abhängigkeit vom Zeitverlauf betrachten. In dem Modell sind fünf Phasen dargestellt. Vollständigerweise muss hier auch die Vorbereitungsphase (Entwicklung) erwähnt werden, bei der das Angebot noch nicht marktwirksam ist.

Mit dem Lebenszykluskonzept wird die Lebensdauer eines Produktes in den verschiedenen charakteristische Phasen aufgeteilt. Es lassen sich die marketingpolitischen Instrumente effizienter einsetzen, wenn die Phase des Produktes bekannt ist. Neben der Phasenbestimmung und der Ableitung des Marketing- Mix kann diese Analyse auch einen großen Beitrag zur Planung von Gewinn und Umsatz liefern.

Im Investitionsgütermarketing ist im Vergleich zum Konsumgütermarketing der Kundeneinbindungseffekt beim Produktentwicklungsprozess stärker zu berücksichtigen. Dabei spielen die kooperativen Maßnahmen zwischen Anbieter und Nachfragern eine bedeutende Rolle. Wenn es dem Unternehmen dabei gelingt eine Kompatibilität zu erzeugen, kann das Produkt auch von der breiten Masse potentieller Nachfrager akzeptiert werden. Dies kann auch mit Hilfe eines Pilotkunden erprobt werden.

Portfolio- Analyse

Der Nobelpreisträger Harry M. Makowitz veröffentlichte 1952 eine Arbeit mit dem Titel „Portfolio Selection“, die seither als Begin aller Portfoliotheorien gilt. Der Schwerpunkt seiner Arbeit bildete die Planungsmethode zur Optimierung der Investitionen in Wertpapiere. Dabei wurden Vermögenswerte so kombiniert, dass der bewertete Gesamtgewinn maximiert und das Risiko des Portfolios minimiert wird. Ziel war es, eine ausgewogene Balance zwischen risikoarmen und risikoreichen Programmelementen zu halten. Die Übertragung auf den Vermarktungsbereich wurde mit der Beziehung zwischen einer/ mehreren unternehmensbezogenen und einer/mehreren marktbezogenen Größen in Form einer oft zweidimensionalen Matrix vollzogen.

Als eine der einfachsten Form etablierte sich das Programmerfolgs- Portfolio nach Drucker. Dabei werden die Deckungsbeitragsanteile jedes Produktes am Gesamterfolg (unternehmensbezogen) den Umsatzanteilen jedes Produktes am Gesamtumsatz (marktbezogen) gegenübergestellt. Die Unterteilung der jeweiligen Anteile in die Kategorien niedrig und hoch erzeugt vier Kombinationen.

Eine stark verbreitete Portfolio- Matrix stammt von der Boston Consulting Group (BCG), die auch als Marktwachstums- Marktanteils- Portfolio bezeichnet wird. Die Boston Consulting Group ist Unternehmen in der Management- und Strategieberatung, welches 1963 gegründet wurde. Der erste Entwurf der BCG- Matrix stammt von 1973. Seit den 1970er Jahren sind Unternehmen in immer mehr unterschiedlichen Geschäftsfeldern (SGE) tätig. Die BCG Matrix wurde konzipiert, um unternehmerische Investitionsentscheidungen zu finden.

Das System basiert auf Erkenntnissen der Lebenszyklus- Analyse, dem Erfahrungskurven-Effekt und des PIMS- Projekts. Das Marktwachstum wird in Prozent ausgedrückt und als unter- oder überdurchschnittlich klassifiziert. Der relative Marktanteil ist das Verhältnis des eigenen Marktanteils zum Marktanteil der stärksten Konkurrenten. Der Kreisumfang, oder auch Durchmesser, repräsentiert wahlweise den Umsatz, den Deckungsbeitrag oder den Cash flow der SGE (oder das Produkt). Die jeweilige Position spiegelt wider, in welcher Entwicklungsphase sie sich befinden.

Die BCG- Matrix berücksichtigt nur die Aspekte des Marktwachstums und Marktanteils. Die weiterführenden Erfolgsfaktoren der PIMS- Studie werden kaum bzw. nicht berücksichtigt.

Die Vierfelder- Matrix ist sehr grob und kann zu Unschärfen führen. Weitere Bemühungen der General Electric Company und der Unternehmensberatungsfirma McKinsey hatte das Marktattraktivitäts- Wettbewerbsvorteil- Portfolio als Ergebnis. Die vier Felder werden durch eine Neunfelder- Matrix ersetzt. Das Marktwachstum und der relative Marktanteil weichen der Marktattraktivität und dem Wettbewerbsvorteil.

Eigene Abbildung: Drucker Portfolio

Eigene Abbildung: BCG Matrix

Eigene Abbildung: McKinsey Matrix

SWOT- Analyse

Eigene Abbildung: Stärken/Schwächen

Eigene Abbildung: SWOT Analyse

Bei der SWOT- Analyse handelt es sich um einen Vorläufer der bereits vorgestellten Portfolio-Methoden. SWOT steht als Akronym für die englische Übersetzung von Stärken (Strengths), Schwächen (Weaknesses), Chancen (Opportunities) und Risiken (Threats).

Weitere Bezeichnungen für diese Analyse lauten SOFT-, WOTS UP- oder TOWS- Analyse.
Es handelt sich hier um eine Kombination aus einer Stärken- Schwächen- Analyse und einer Chancen- Risiken- Analyse.

Die Beurteilungskriterien können sich auf ein Produkt beziehen, aber auch auf weiterführende Faktoren wie Management, Service, Preise oder auch Kompatibilität der Produkte untereinander.
Schwierigkeiten können bei der Auswahl der Kriterien entstehen. Hier spielen die Branche, das Produkt und die Strategie eine wesentliche Rolle.

Die Chancen- Risiken- Analyse beschreibt die Umfeldfaktoren bei der Vermarktung der Produkte in der Zukunft. Die Gegenwart wird dabei oft in Form von Szenarios in die Zukunft fortgeschrieben. Die SWOT- Analyse besteht somit aus der Gegenüberstellung von katalogisierten Stärken und Schwächen (Konkurrenzvergleich oder Unternehmensanalyse) und den prognostizierten Chancen und Risiken (Umfeldanalyse). Es entsteht eine Matrix, im weiteren Sinne auch ein SWOT- Portfolio.

Struktur- Analyse

Ein Element der Struktur- Analyse ist die Umsatzanteils- Analyse, welche die Verteilung der Produkte nach ihrer relativen Umsatzbedeutung absteigend aufführt. Die Grundlage sind die Vergangenheitswerte der Einzelumsätze und des Gesamtumsatzes (100%) der betrieblichen Leistungen. Die kumulativen Umsatzanteile werden auf der y- Achse aufgetragen, die numerisch sortierten Anteilswerte der Produkte werden auf der x- Achse aufgetragen. In der Theorie ergibt sich dann eine Lorenz- Kurve, wenn man von der 80:20- Regel ausgeht. Diese besagt, dass 20% der Produkte 80% des kumulierten Umsatzes erzeugen. Die ideale Lorenz- Kurve ist abgebildet.

Als Alternative zum Umsatz können auch der Deckungsbeitrag, der Return on Investment (ROI) oder der Gewinn als Maßstab herangezogen werden. Als Ergebnis erhält man drei Produktgruppen (A, B und C) und eine Übersicht mit welchem Produktanteil welcher Umsatzanteil generiert wird. Heute wird diese ABC- Analyse durch eine Kundentypologisierungen analog zur Portfolio- Analyse ergänzt.

Die Alterstruktur- Analyse ist ein weiteres Element der Strukturanalysen. Die Produkte werden in Altersklassen sortiert und deren Beitrag zu Umsatz und Gewinn wird prozentual gewichtet.
Die Restlebenserwartung wird dabei qualifiziert geschätzt. Dies kann zu Verzerrungen führen. Als Hilfsmittel kann die Produktlebenszyklus- Analyse helfen, um die Lebensphase zu definieren.

Eigene Abbildung: Umsatzanteilsanalyse

Eigene Abbildung: Altersstrukturanalyse

Umfeld- Analyse

Eigene Abbildung: Tabelle

Die Umfeld- Analyse dient der Ermittlung der Vermarktungsbedingungen und trennt sich in die Bereiche Markt, Position des eigenen Angebots und Randbedingungen auf. Der Markt definiert sich unter anderem durch das aktuelle und potenzielle Marktvolumen, die Angebotsbreite, die Angebotstiefe, die Charakterisierung des Gesamtmarktes und seiner Teilsegmente.

Die Position des eigenen Angebotes beschreibt das gesamte Absatzprogramm der eigenen Unternehmung anhand von komparativen Wettbewerbsvorteilen, Lebenszyklusphasen, Preis- Gegenwert- Relation, Angebotskenntnissen und -einstellungen bei Abnehmern.

Abweichungs- Analyse

Bezogen auf ausschließlich eigene Werte beschreibt die Abweichungs- Analyse eine Ziel-Zustands- Beziehung. Dabei werden verschiedene Beurteilungskriterien mit dem dazugehörigen Zielerreichungsgrad bewertet. Als Ergebnis erhält man zwei Polaritätenprofile, siehe Abbildung.

Die Abbildung zeigt hier exemplarisch eine Unterdeckung je Kriterium. Die Kriterien werden aus der Zielvorgabe des Unternehmens abgeleitet. Die Skalierung (z.B. Metrikskala) muss individuell entwickelt werden. Dann erfolgt die Bewertung von Ist- und Soll- Zustand je Kriterium. Die meist qualitative Bewertung kann zu Verzerrungen führen. Das Maß der Abweichung ergibt sich durch den Abstand zwischen Ist- und Soll- Linie.

Eigene Abbildung: Abweichungsanalyse

Ressourcen- Analyse

Eigene Abbildung: Ressourcenanalyse

Bei der Ressourcen- Analyse wird das eigene Absatzprogramm hinsichtlich des Leistungspotenzials verschiedener Kriterien mit dem Absatzprogramm des stärksten Konkurrenten beurteilt. Diese Kriterien können finanzieller, personeller und materieller Natur sein. Allerdings sind aus Marketingsicht differenziertere Kriterien anzusetzen. Hier können Kriterien wie Benutzerfreundlichkeit, Kompatibilität, Qualität oder Funktionalität gewählt werden.

Die Vorgehensweise ähnelt der Stärken- Schwäche- Analyse und das Ergebnis kann wie abgebildet aussehen.

Im Gegensatz zur Stärken- Schwächen- Analyse werden nicht die ausgeschöpften Potenziale betrachtet. Vielmehr werden die nutzbaren Ressourcen zugrunde gelegt. Es können bei der Bewertung Unter- und Überdeckungen entstehen.

Potenzial- Analyse

Bei der Potenzial- Analyse werden die nutzbaren und genutzten Reserven des eigenen Absatzprogramms gegenübergestellt. Es können hier speziell auf Produkte (Markenstärke, Innovation, Technologie) und allgemeine Kriterien (Distribution, Lieferfähigkeit, Mitarbeiterqualität) entwickelt werden.

Potenziale eines Unternehmens, oder auch des Absatzprogramms, sind die Stärken und können anzeigen, wo die Kompetenzen liegen. Es ist hilfreich unterschiedliche Bereiche zu bilden, um die Analyse zu vereinfachen. Ebenfalls ist es sinnvoll, dass die Analyse auch Faktoren und Bereiche enthält, die auch Gegenstand der Konkurrentenanalyse sind. Unterschiedliche Informationsquellen wie z.B. Rechnungswesen, Controllerberichte und Statistiken sind dabei auch zu nutzen. Die Marktsituation lässt sich durchaus verbessern, wenn vorhandene noch nicht ausgeschöpfte Potenziale ausgenutzt werden.

Eigene Abbildung: Potenzialanalyse

Positionierungs- Analyse

Eigene Abbildung: Positionierungsanalyse

Bei diesem Analyse-Modell wird die Position mehrerer in einem Markt miteinander konkurrierender Produkte in einem Eigenschafts- bzw. Objektraum (quasi- geometrisch) beschrieben.

Aufgrund von Darstellungs- und Vereinfachungsgründen begrenzt sich der Eigenschaftsraum auf zwei bis drei Dimensionen.

Die Darstellungsart ähnelt sehr der Portfolio-Analyse, basiert aber hauptsächlich auf vom Konsumenten subjektiv wahrgenommene Ausprägung der relevanten Eigenschaften. Die folgende Darstellung zeigt exemplarisch das Ergebnis einer fiktiven Positionierungs- Analyse.

Die Segmente stellen Präferenzen der Abnehmer dar. Idealerweise befinden sich angebotenen Produkte in diesen Präferenzsegmenten. Die Dimensionen können sich beispielsweise aus Qualität (x- Achse) und Preis (y- Achse) zusammensetzen.

Die Aufgabe des Marketing bzw. der Produktpolitik ist es, die geeignete Dimensions- Kombination zu ermitteln und zu erfüllen. Es wird dabei auch von einem Idealpunktmodell gesprochen. Das kann zu Folge haben, dass neue Produkte entwickelt oder bestehende Produkte weiterentwickelt werden müssen, um Lücken zu schließen.

Das Positionierungsmodell ist prinzipiell auch als Entscheidungsmodell zu verstehen, da hieraus Ansatzpunkte einen segmentspezifischen Einsatz abgeleitet werden können.