Wie funktionieren Zündschutzarten für elektrische Geräte eigentlich?

Grundlegendes für Hersteller bei ATEX 2014/34/EU

Hersteller von elektrischen Geräten im Sinne der ATEX Richtlinie 2014/34/EU können harmonisierte Normen der Reihe EN 60079-ff zur Erfüllung des Anhang II (GSGA) verwenden. Eine Anwendung dieser EN Normen erzeugt die sogenannte Konformitätsvermutung. Falls andere Beschaffenheitsanforderungen, die nicht den EN Normen entnommen sind, angewendet werden gilt immer die Beweislastumkehr. Der Hersteller muss dann die Gleichwertigkeit der eigenen Lösung, die zur Einhaltung des Anhang II (GSGA) der ATEX Richtlinie dienen muss, beweisen. In diesem Fachartikel geht es um die grundlegenderen Prinzipien der sogenannten Zündschutzarten für elektrische Geräte (Normenreihe EN 60079-ff).

Grundlegendene Beschaffenheitsanforderung für alle Geräte (EN 60079-0)

Für alle elektrischen Geräte findet die Grundnorm EN 60079-0 Anwendung. Diese Norm beschreibt grundlegende Beschaffenheitsanforderungen sowie Vorgaben zu praktischen Prüfungen im Labor (Typenprüfungen) und qualitätssichernde Prüfungen (Stückprüfungen). Grundlegende Anforderungen sind hier beispielhaft und nicht erschöpfend aufgezählt:

  • Einteilung in Gruppen (I, II)
  • EPL / Schutzniveau (Ga, Gb, Ga, Da, Db, Dc, Ma, Mb)
  • T- Klassen (T6…T1)
  • Gasgruppen (IIA, IIB, IIC) und Staubgruppen (IIIA, IIIB, IIIC)
  • Mechanische Festigkeit
  • Dichtungen (Gehäuse)
  • Strahlung
  • Nicht-metallische Gehäuse
  • Metallische Gehäuse
  • Verschlüsse
  • Bauteile (Komponenten)
  • PE / PE
  • Einführung in Gehäuse
  • Elektrische Maschinen (Ergänzende Anforderungen)
  • Geräte, die Zellen und Batterien enthalten
  • Dokumentation
  • Ex- Kennzeichnung
  • Betriebsanleitung
  • Typenprüfungen & Stückprüfungen
  • Kabel- und Leitungseinführungen (Anhang A)

Alle diese grundlegende Beschaffenheitsanforderungen sind noch keine (!) Zündschutzarten. Die Zündschutzarten werden in der Regel zusätzlich angewendet. Wichtig zum Verständnis ist, das die Anforderungen der EN 60079-0 durch die zusätzliche Anwendung von Zündschutzarten verändert oder ergänzt werden.

Beispiel

Ein Gerät (z.B. ein Durchfluss- Sensor) soll in der Zündschutzart “Eigensicherheit” nach EN 60079-11 entwickelt werden. Die EN 60079-0 findet als Grundnorm ihre Anwendung. Bestimmte Anforderungen der EN 60079-11 ergänzen bzw. verändern die Anforderungen der EN 60079-0. Beide Normen müssen also zusammenhängend gelesen werden.

Grundprinzip 1: Zündquelle einschließen

Bei den Zündschutzarten des “Grundprinzips 1” werden die Zündquellen quasi eingeschlossen, so dass die zündfähige Ex- Atmosphäre (g.e.A.) mit der Zündquelle nicht zusammentrifft. Das Prinzip lässt sich durch folgende (einschließende) Maßnahmen erreichen: Flüssigkeiten (Ex o), Füllgut/Sand (Ex q), Verguss (Ex m), dichte Gehäuse (Ex t) und einem Überdruck (Ex p).

Grundprinzip 2: Zündquelle nicht entstehen lassen

Bei den Zündschutzarten des “Grundprinzips 2” werden die Zündquellen auf ein nicht wirksames Niveau reduziert, so dass die zündfähige Ex- Atmosphäre (g.e.A.) zwar mit der Zündquelle zusammentreffen kann, aber die Zündung aufgrund der nicht wirksamen Zündquelle ausbleibt. Das Prinzip lässt sich durch folgende Maßnahmen erreichen: Erhöhte Sicherheit (Ex e), Eigensicherheit (Ex i), Reduktion der Strahlstärke (Ex op is).

Grundprinzip 3: Explosion einschließen

Für das “Grundprinzips 3” steht uns eine sehr etablierte Zündschutzart zur Verfügung. Es kann zündfähige Ex- Atmosphäre (g.e.A.) in ein Gehäuse eintreten und es kann auch zur Zündung kommen (“Der zu erwartende Fehler”). Allerdings wird die Explosion im Innern eingeschlossen. Diese Zündschutzart nennt sich druckfeste Kapselung (Ex d) und sorgt für ausreichende mechanische Festigkeit der Gehäuse (Bersten muss vermieden werden) und Maßnahmen gegen den Zünddurchschlag durch die Gehäusespalte (Äußere Atmosphäre wird nicht gezündet, nur die Innere).

Zusammenfassung

Selbstverständlich gibt es zu allen o.g. Prinzipien harmonisierte Normen. Dieser Fachartikel sollte aber nur die grundlegenden Prinzipien darstellen, wie sie z.B. in der IECEx CoPC Unit 0001 behandelt werden.

Zu beachten ist, dass die Zündschutzarten ein eigenes Schutzniveau haben (IPL = Ignition Protection Level), z.B. Ex db, Ex ec, Ex ic). Dies ist nicht zu verwechseln mit dem Schutzniveau des kompletten Gerätes (EPL = Equipment Protection Level, z.B. Ga, Da, Mb). Das Schutzniveau (IPL, EPL) berücksichtigt dadurch das zugrundeliegende 3- Zonen- Konzept gem. EN IEC 60079-10-1 (Gas) und -2 (Staub). Ferner ist zu berücksichtigen, dass einige Zündschutzarten nicht für Gas- oder/und Staub- Atmosphären geeignet sind.

Zu guter Letzt hat jede Zündschutzart auch produktspezifische Anforderungen (Leuchten, Motoren, Trafos, usw.). Ferner sollte noch klar sein, dass die “Eigensicherheit” nicht unbedingt für eine 1,5 kW Asynchronmaschine geeignet scheint oder produktbezogene Eigenschaften den Einsatz bestimmter Zündschutzarten begünstigt (siehe Beispiel oben, Sensor in “Ex i”).

Es muss stets ganzheitlich bewertet werden, welche Zündschutzart(en) sinnvoll erscheinen. Oft kommt man auch mit einer sinnvollen Kombination von Zündschutzarten ans Ziel (z.B. Ex db eb). Auch sind die Auswirkungen auf die Herstellung zu bewerten (siehe auch Anhang A der ISO 80079-34).

Bei Fragen, zur Anwendung inkl. Auswirkungen auf Produkt und Herstellung,  stehe ich Ihnen sehr gerne zur Verfügung.

Thorsten Germersdorf

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Hinweis: Die Abbildungen stammen von R.STAHL und der PTB Braunschweig.